Prä-Expositions-Prophylaxe (kurz: PrEP) bedeutet in etwa "Vor-Risiko-Vorsorge". Negative nehmen dabei vorbeugend HIV-Medikamente ein, um sich vor einer Ansteckung mit HIV zu schützen. Die Medikamente befinden sich dann in bestimmter Konzentration im But und in den Schleimhäuten und verhindern, dass sich HIV vermehren kann. Selbst wenn beim Sex also einzelne Viren übertragen werden, so kann sich HIV dann nicht mehr weiter ausbreiten und im Körper festsetzen: Man bleibt HIV-negativ. Mit der PrEP gibt es – neben Kondomen und Schutz durch Therapie – nun also eine dritte zuverlässige Safer Sex - Methode zum Schutz vor HIV. Aber einfach nur „…ein paar Pillen schmeißen“ reicht nicht aus. Wer die PrEP anwendet, sollte sich vorher unbedingt gut informieren und ärztlichen Rat einholen. Begleitend sind einige Untersuchungen erforderlich und wenn man bei der Einnahme Fehler macht, wirkt die PrEP möglicherweise nicht.
Welche Medikamente und wie werden sie eingenommen?
In Deutschland sind lediglich das Medikament Truvada® und baugleiche Nachahmer-Präparate ("Generika") zur täglichen Einnahme als PrEP zugelassen. Die Kombi-Pille enthält gleich zwei Wirkstoffe (Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil), die HIV an der Vermehrung in den Körperzellen hindern.
Tägliche Einnahme oder "anlassbezogen" ...
Dauer-PrEP
Zu der Dauer-PrEP mit einer
täglichen Einnahme einer Tablette gibt es bisher die meisten Erfahrungen
und wissenschaftlichen Daten. Die tägliche PrEP ist besonders dann
empfehlenswert, wenn man häufig und spontan Sex hat. Die Frage, ab wann
sich ein verlässlicher Schutz durch die Medikamente aufgebaut hat, ist
noch nicht abschließend geklärt und für Männer und Frauen/Trans-menschen
mit Fronthole* unterschiedlich.
PrEP bei Bedarf
Eine Variante ist die
anlassbezogene PrEP oder PrEP bei Bedarf. Hier nimmt man das Medikament
nur über eine begrenzte Zeit ein (also etwa vor, während und nach dem
Urlaub oder einem geplanten Sexparty-Wochenende). Dieses Einnahme-Schema
ist beispielsweise für Schwule und andere MSM sinnvoll, die nicht so
häufig, dafür aber planbarer ungeschützten Analsex haben.
Die Schutzwirkung
Schwule/MSM
Die
Wirksamkeit der Dauer-PrEP (tägliche Einnahme) ist durch zahlreiche
Studien unter anderem bei schwulen Männern mit hohem Ansteckungsrisiko
belegt: Das Übertragungsrisiko wurde bei Schwulen und anderen MSM um 86 %
gesenkt. Somit hat die PrEP eine ähnlich gute Schutzwirkung wie das
Benutzen von Kondomen. Entscheidend für die Wirksamkeit ist die wirklich
regelmäßige Einnahme der Tabletten. Werden die Medikamente gewissenhaft
eingenommen, lag der Schutzeffekt in Studien noch höher, teilweise
wurde sogar eine Schutzwirkung 99% berechnet. Wer Schwierigkeiten mit
einer disziplinierten Tabletteneinnahme hat, für den ist die PrEP keine
geeignete Methode. Zur Wirksamkeit der PrEP bei Bedarf ist die
Datenlage derzeit noch deutlich dünner. In einer französischen Studie
konnte bei Schwulen und MSM ein Schutz von 86% nachgewiesen werden. Aber
auch in dieser Studie zeigte sich: von den Personen, die die PrEP
zuverlässig eingenommen haben, hatte sich niemand mit HIV angesteckt.
Frauen und Trans-Menschen mit Fronthole*
Um
auch beim vaginalem Sex oder Fronthole*-Sex eine hohe Schutzwirkung zu
erreichen, erfordert die PrEP bei Frauen und Trans-Menschen mit
Fronthole* eine deutlich höhere Einnahme-Disziplin. In Studien zur
Dauer-PrEP konnten nur dann Schutzwirkungen von über 90% erreicht
werden, wenn so gut wie keine Einnahme vergessen wurde. Dies liegt
daran, dass sich die Wirkstoffe der PrEP weniger gut in den betroffenen
Schleimhäuten anreichern und auch rascher wieder „ausgewaschen“ werden.
Zu Risiken und Nebenwirkungen
Die Meisten vertragen die PrEP gut, spüren keine oder kaum Nebenwirkungen. Manche klagen zeitweise über Übelkeit, Durchfall, Kopf- Bauch- oder Gelenkschmerzen sowie Müdigkeit und Schlafstörungen. Die dauerhafte Einnahme der PrEP-Medikamente kann die Leistungsfähigkeit der Nieren verringern, was für "Nieren-Gesunde" jedoch i.d.R. unproblematisch ist. Trotzdem muss dies vor Beginn der PrEP sowie durch vierteljährliche Untersuchungen überprüft werden. Bei einer Erkrankung der Niere oder bestehenden Risikofaktoren für eine verminderte Nierenleistung (z. B. Diabetes mellitus, Bluthochdruck oder Alter über 50 Jahren), sind unter Umständen sogar noch engmaschigere Nierenkontrollen notwendig.
Verfügbarkeit und Kosten
Truvada® ist in Deutschland seit 2016 zur PrEP zugelassen, muss aber auf Privatrezept vom Arzt verordnet und daher selbst bezahlt werden. Die Kosten für das Original-Medikament liegen bei über 800 Euro für 30 Tabletten. Durch den Wegfall des Patentschutzes sind neben dem Original seit Ende 2017 auch wirkstoffgleiche Nachbauten von Truvada® auf dem Markt. Diese Generika wirken genauso gut wie das Original, sind aber deutlich günstiger.
Seit Oktober 2017 ist es möglich, ein Generikum der Firma Hexal in einer besonderen Verpackungsform ("Kölsche Blister") in ausgewählten Apotheken einiger deutscher Städte für rund 50 Euro/28 Tabletten zu erhalten, unter anderem auch in Köln. (Eine Übersicht findest du unter unter koelsche-blister.de).
Seit Dezember 2017 ist ein weiteres Generikum von Ratiopharm als
PrEP erhältlich. Der Preis liegt bei rund 70 Euro für 30 Tabletten. Der
Vorteil: Dieses Medikament ist mit einem Privatrezept deutschlandweit in
allen Apotheken erhältlich.
In
der Vergangenheit waren PrEP-User auf die Beschaffung der Medikamente
im Ausland angewiesen, beispielsweise durch Versandapotheken in Indien.
In der Zukunft werden diese Beschaffungswege, die meist aufwendig und
zum Teil illegal sind, wohl eher eine untergeordnete Rolle spielen.
Welche Untersuchungen sind bei der PrEP notwendig?
Vor dem Start und anschließend alle 3 Monate muss man einen HIV-Test machen: Wenn man schon HIV-infiziert ist oder sich trotz PrEP ansteckt (z. B., weil man die Medikamente nicht regelmäßig nimmt), reichen die PrEP-Tabletten nicht zur Behandlung der HIV-Infektion aus und die Viren können unempfindlich (resistent) gegen dieses wichtige Medikament werden.
Ebenso sollte vor Beginn einer PrEP ein Hepatitis-B-Test gemacht, der Impfschutz überprüft und ggf. geimpft werden. Da die PrEP-Wirkstoffe auch gegen Hepatitis B wirken, kann es ansonsten beim Absetzen zu einem Wiederaufflammen der Hepatitis kommen.
Die Nierenfunktion muss regelmäßig untersucht werden, denn die PrEP-Wirkstoffe können die Nierenleistung vermindern. Empfohlen wird die Nierenkontrolle alle drei Monate. Nach Absprache mit dem behandelnden Arzt können möglicherweise andere Untersuchungsintervalle vereinbart werden.
Nicht zuletzt gehört zur PrEP, sich regelmäßig auf STI
(Geschlechtskrankheiten wie Syphilis, Tripper und
Chlamydien-Infektion) und ggf. Hepatitis C checken zu lassen. Ein
Routine-Check alle 3 Monate ist bei Menschen mit wechselnden Sexpartnern
dringend zu empfehlen.
Die Kosten für die notwendigen
Untersuchungen vor und während der PrEP werden in der Regel nur
teilweise von den Krankenkassen übernommen. Hier sollte man sich direkt
mit seinem Arzt austauschen, was abrechenbar ist und welche Kosten man
selber tragen muss. Untersuchungen auf Syphilis, Tripper, Chlamydien und
Hepatitis C sowie der routinemäßige HIV-Test werden auch von
Testprojekten oder Checkpoints angeboten. So lässt sich manchmal Geld
sparen.
Ist die PrEP für mich geeignet?
Grundsätzlich spricht bei einer HIV-negativen Person nichts gegen die Einnahme der PrEP. Mögliche gesundheitliche Risiken (z. B. bei einer Vorerkrankung der Nieren oder einer bestehenden Hepatitis B) sollten allerdings im ärztlichen Gespräch geklärt und durch Untersuchungen und Tests vorab ausgeschlossen werden.
Die Durchführung der PrEP erfordert Disziplin und vorrausschauende Planung. Das fängt einerseits damit an, die Tabletten verlässlich einzunehmen und dafür zu sorgen, dass der Nachschub organisiert ist. Andererseits gilt dies auch für die regelmäßigen Tests auf HIV und Geschlechtskrankheiten sowie die weiteren begleitenden Untersuchungen.
Wir empfehlen daher, sich vor dem Start
der PrEP ausführlich zu informieren und beraten zu lassen. Die
Durchführung der PrEP sollte immer ärztlich begleitet werden. Eine PrEP
auf eigene Faust durchzuführen, kann mit erheblichen Risiken verbunden
sein.